Vor 15 Jahren brachten Dennis Martin (Text und Musik), Peter Scholz und Thomas Van de Scheck (zusätzliche Musik und Texte) mit Zeno Diegelmann (Buch) mit ‘Bonifatius’ ein hochprofessionelles Musical auf die Bühne des Fuldaer Schlossparktheaters – die erste von inzwischen vielen Eigenentwicklungen des Unternehmens “spotlight musicals”. Seither werden bis zu drei Sommerproduktionen in Fulda gezeigt.
Wir von audiopool waren bei diesem bemerkenswerten Spektakel mit an Bord und kümmerten uns wie immer um die leisen (und lauten) Töne. Schön war’s!
Unser talentierter Tim Ferns gab sein Können als Soundoperator zum Besten, während Tom Strebel das Zepter für das Sounddesign übernahm und gleichzeitig als Soundsupervisor fungierte.
Das diesjährige Stadtjubiläum – 1.275 Jahre Gründung Kloster Fulda – bot einen hervorragenden Anlass, ‘Bonifatius’ wieder aufzuführen, und zwar als riesige Open-Air Musicalproduktion. Das Team Okarina Peter
und Timo Dentler hat ein effektvolles Kostüm- und Bühnenbild geschaffen: 50 Meter breit ist die Bühne und 18 Meter hoch – Dimensionen, die nur von dem dahinter stehenden Dom übertroffen werden, in dessen Krypta das Grab des heilligen Bonifatius liegt. Mehr Originalschauplatz geht nicht!
Frank Hollmann hat die Musikarrangements erstellt, kraftvoll umgesetzt von 50 Musikern unter der musikalischen Leitung von Inga Hilsberg. Aufgeboten werden 130 Sängerinnen und Sänger, die Carsten Rupp vorbereitet hat.
Der Legende nach begründet Bonifatius seinen Ruhm auch mit der Fällung der dem Gott Donar geweihten Eiche. Sie wird durch einen riesigen durchsichtigen Gazeschlauch symbolisiert, der bis unter das Bühnendach reicht. Als er effektvoll fällt, ist der Blick auf den Dom komplett frei und der zweite optische Clou kann genutzt werden: Von der kreisrunden Spielfläche wird mit Kettenzügen ein Deckel hochgezogen. Er dient als Dach, Rückwand oder deutet einen Heiligenschein an, ist Projektionsfläche und mächtiges Bühnenrequisit, das oft in Bewegung ist.
Die Kostüme sind farbenfroh und wechseln zwischen historischen Andeutungen und aktualisierten Anspielungen. So trägt Bonifatius ein aus alten Buchseiten genähtes Gewand, als trüge er die Bibel oder seine
Biografie am Körper. Es gibt gehörnte heidnische Fellträger, gepanzerte Ritter und Engelsflügel tragende Lustknaben.
Dass der Dom im Hintergrund die Hauptrolle spielt, liegt an Pia Virolainen (Lichtdesign) und vor allem am Videodesign von Sven Sauer. Der Dom wird bis zur höchsten Zinne Projektionsfläche. Wald und Feuer,
Muster und Symbole sind eindrucksvoll.
Inhaltlich wurde das Stück von Christoph Jilo bearbeitet und mit zusätzlichen Texten versehen. Eine Schauspieltruppe, die das
Leben des heiligen Bonifatius aufführen will, dient jetzt als Rahmenhandlung. Ging es bei der Uraufführung noch um die Frage, ob Bonifatius nun ein Denkmal und abgehobener Heiliger auf einem Sockel ist, fokussiert sich Regisseur Stefan Huber jetzt mehr auf die Machtspiele und die Rolle, die Bonifatius dabei spielt, sowie dessen Scheitern und dessen Schwächen. Die engagierten spielenden 30 Castmitglieder sind
als Schauspieltruppe der Rahmenhandlung oder im Stück permanent in vielen Rollen in Bewegung. Dass das alles “rund” aussieht und in großen Szenen auch noch rhythmisch den richtigen Schwung bekommt, liegt an der virtuosen Choreografie von Danny Costello.
Reinhard Brussmann verkörperte bereits vor 15 Jahren den Bonifatius. Seine kräftige und zugleich warme Stimme lässt die Facetten des Heiligen zwischen Selbstzweifel und “Selbsterkenntnis” als Song vor dem Finale erlebbar werden. “Gib mir Kraft” ist der passende Showstopper vor der Pause und nur einer der vielen Ohrwürmer. Dazu gehört auch “Wann trägt der Wind mich fort”, seinerzeit von Leah Delos Santos und Sabrina Weckerlin interpretiert. Jetzt überzeugt Judith Jandl als Alrun. Ihre klare
Stimme rührt an und fesselt. Das geht auch Sturmius so – hinreißend als verliebter angehender Mönch interpretiert von Friedrich Rau. Anke Fiedler ist Lioba, die – ebenfalls heilige – Cousine des Bonifatius, die für die notwendige Frauenpower in der katholischen Männerwirtschaft sorgt. Mit ihrem Song “Starke Frauen” bringt sie einen augenzwinkernden Moment ins Geschehen. Humorvoll wird es auch durch Simon Staiger (Karlmann) und Tom Schimon (Pippin) als Söhne Karl Martells (Max Gertsch; er spielt wandlungsfähig auch den Papst und BadHersfeld-Gründer Lullus). Lullus ist es, der als Bischofsnachfolger in Mainz Willibald (Alexander von Hugo) auffordert, eine Chronik über das Leben des Getöteten zu schreiben. Dieser dramaturgische Schachzug ermöglicht immer wieder, zwischen Legende und Realität, erfundener Handlung und verbürgter Geschichte zu wechseln und damit zu spielen. In weiteren Rollen sind Karsten Kenzel (Luidger) und Franz Josef
Winkels (Bischof Gewilip) überzeugend zu erleben sowie – last, but not least – Andreas Lichtenberger, der den von kirchlichen Mächten angestachelten Bonifatius-Mörder Radbod mit großer stimmlicher und körperlicher Präsenz verkörpert.
Fazit: ein Abend mit vielen Gänsehautmomenten und am Ende Begeisterung pur!
Quelle: «Bonifatius»
Open-Air-Spektakel zum Stadtjubiläum
von Marcus C. Leitschuh
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